00:00:00:22 - 00:00:11:17 Musik Digitale Stimme: "Kulturmanagement innovativ" [Musik] Digitale Stimme: "Kulturmanagement innovativ" 00:00:12:03 - 00:00:16:03 Eva Hüster Herzlich willkommen zu unserem Podcast "Kulturmanagement innovativ... 00:00:16:03 - 00:00:26:16 Joyce Diedrich ...Kontakt". Ein Projekt der Hamburg Open Online University von und mit Student:innen des Instituts für Kultur- und Medienmanagement an der Hochschule für Musik und Theater in Hamburg. 00:00:26:16 - 00:00:28:01 Eva Hüster Mein Name ist Eva Hüster. 00:00:28:08 - 00:00:31:16 Joyce Diedrich Und ich bin Joyce Diedrich. Und diesmal sprechen wir mit Vera Heimisch. 00:00:32:07 - 00:00:58:01 Eva Hüster Vera Heimisch koordiniert künstlerische sowie wissenschaftliche Projektformate für Festivals, Künstler:innen und Institutionen. Der Schwerpunkt ihrer Projekte liegt auf der Schnittstelle zwischen Dekolonisierungsprozessen und Kulturproduktion. Seit einem halben Jahr arbeitet sie am Institut KMM und erweitert nicht nur das Blickfeld der Kulturmanagementstudierenden, sondern bereichert auch unseren Podcast um dieses weitere mögliche Arbeitsfeld von Kulturmanager:innen. 00:00:58:21 - 00:01:21:13 Joyce Diedrich Herzlich willkommen, liebe Vera. Vera Heimisch, du bist seit Mai 2022 jetzt wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut KMM und auch Dozentin dort. Außerdem arbeitest du als Kulturanthropologin und künstlerische Produktionsleiterin mit dem Schwerpunkt Postcolonial Studies. Magst du einmal wichtige Stationen in deinem bisherigen Lebenslauf erzählen? 00:01:22:22 - 00:02:56:24 Vera Heimisch Ja. Hallo erstmal und vielen Dank, dass ich heute hier sein kann und euch kennenlernen darf. Du hast mich ja schon ganz gut vorgestellt mit ein paar Stichpunkten. Genau. Also vom Studium her komme ich aus der Europäischen Ethnologie. Ich habe meinen Bachelor in Österreich gemacht, in Graz und dann einige Jahre später noch einen Master an der Uni Bremen, an transkulturellen Studien. Und da kam eben dann auch dieser Fokus auf postcolonial Studies, den ich jetzt eben auch beruflich immer wieder in Projekten auch verfolge und seit Mai eben ganz neu auch am Institut KMM als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Dozentin. Genau, vielleicht noch kurz zu anderen beruflichen Stationen. Ich habe sehr viele Jahre eigentlich in der freien Szene gearbeitet, vor allem im darstellenden Kunstbereich, aber auch Installationen betreut, im Opernbereich und Neue-Musik-Projekte begleitet und habe da so ganz unterschiedliche Perspektiven kennengelernt. Also einerseits war ich an Institutionen tätig, an Theatern für größere Festivals und dann aber auch viele Jahre für Künstler:innen, die eben in der freien Szene unterwegs sind. Und da auch in verschiedenen Städten, in Berlin, Hamburg, Bremen, Hannover, in Österreich auch während meines Studiums schon. Und jetzt bin ich eben relativ neu dann im wissenschaftlichen Bereich gelandet und versuche, da so alle möglichen Fäden dann zusammenzubringen, was jetzt auch ganz interessant ist. 00:02:57:17 - 00:03:00:20 Eva Hüster Also das heißt, du kommst eigentlich aus der Praxis? 00:03:00:20 - 00:03:01:11 Vera Heimisch Absolut. 00:03:01:12 - 00:03:02:04 Eva Hüster Okay. 00:03:02:04 - 00:03:14:20 Vera Heimisch Ich habe mich auch immer eher als Person verstanden, die absolut in der Praxis verortet ist. Und das war jetzt auch noch mal ein ganz schöner Schritt, an die Uni zu gehen als wissenschaftliche Mitarbeiterin. 00:03:14:20 - 00:03:17:12 Eva Hüster Wie kam es zu der Entscheidung? 00:03:17:12 - 00:04:46:11 Vera Heimisch Also einerseits habe ich mich natürlich schon immer absolut für theoretische Zugänge interessiert, was auch an meinen Studiengängen lag, wo sehr viel Lektürestudium passiert ist, sehr viel diskutiert wurde über Theorien, Konzepte, Diskurse. Und dann aber auch eben berufliche Projekte dazukamen, in denen ich mich dann eben schon auch in Forschungsprojekten mit den Themen beschäftigt habe, die eben in meinem Studium relevant waren, also Dekolonisierung, postkoloniale Theorie. Und habe dann überlegt, ob es vielleicht doch spannend für mich wäre, noch mal von der Praxis eher in die Theorie zu wechseln und dachte mir: Jetzt wäre noch mal eine gute Chance, diesen Sprung zu wagen. Ich habe schon einige Jahre überlegt, ob ich mir das vorstellen könnte, an der Uni zu arbeiten. Und dann hat sich das sehr gut ergeben tatsächlich mit dem KMM. Ich hätte mir nicht vorstellen können, im kulturtheoretischen Bereich an einem Institut zu arbeiten. Und fand tatsächlich beim KMM das sehr interessant, weil das ja ein Institut ist, was sehr stark diesen Fokus von der Theorie in die Praxis eben setzt. Und genau das sind eben auch Punkte, die mich total interessieren. Also: Wie kann man diese ganzen theoretischen Ansätze als KulturpraktikerInnen dann auch umsetzen? Wo ich auch immer wieder daran schon gescheitert bin. Und deswegen dachte ich mir, es wäre sehr schön, mich da beruflich weiter damit zu beschäftigen. 00:04:47:22 - 00:04:58:21 Joyce Diedrich Hattest du auch vorher schon Erfahrungen im Unterrichten oder bzw. auch da eine besondere Motivation ins Unterrichten jetzt zu gehen? 00:04:59:15 - 00:06:27:21 Vera Heimisch Ich hatte noch gar keine Lehrerfahrung. Und das war tatsächlich auch immer etwas, was ich nicht unbedingt angestrebt habe. Und ich sehe das jetzt aber als wahnsinnige Chance. Ich musste mich ganz schön überwinden zu dieser Entscheidung, in die Lehre zu gehen. Und finde das jetzt schon wahnsinnig bereichernd. Also jetzt eben das Wintersemester hat ja gestartet vor zwei Monaten. Ich hatte jetzt schon meinen ersten Studierendenkontakt und bin unglaublich froh, dass ich mich dazu entschieden habe, weil ich da doch auch sehr viel lernen kann tatsächlich. Also einerseits in der Aufbereitung der Inhalte, vorab aber auch der Austausch mit Studierenden ist unglaublich bereichernd. Und ich bin sehr froh. Und wenn ich jetzt so darüber nachdenke, wieso ich unterrichte, denke ich mir auch: Es ist eine wahnsinnige Chance, eben auch diese Themen, mit denen ich mich beschäftige, noch mehr im Kulturmanagement zu verankern. Weil es einfach Themen sind, die uns als Kulturmanager:innen ja auch an so gut wie jeder Institution begegnen. Auch in der freien Szene. Also Dekolonisierungsdiskurse sind einfach überall. Und ich denke mir, es ist total wichtig, das jetzt auch im Studium bereits als Thema eben zu platzieren. Deswegen jetzt sehe ich das Ganze total positiv und auch wichtig. Und ich habe auch den Eindruck, dass die Studierenden auch auf jeden Fall großes Interesse haben, da mehr dazu zulernen. 00:06:28:02 - 00:06:53:17 Eva Hüster Also es gibt ja diesen Innovationsbegriff, worum es sich auch in diesem Podcast handelt. Wir versuchen diesen Begriff, der ja gar nicht unumstritten ist, wie wir auch in den Gesprächen rausgefunden haben, von möglichst vielen Perspektiven zu beleuchten. Und möchten natürlich auch dich fragen, was Innovation für dich bedeutet und ob es wichtig ist, ob du glaubst, dass es wichtig ist, im Kulturbereich. 00:06:53:17 - 00:07:51:20 Vera Heimisch Ja, ich habe mich ja dank eures Podcasts mit dem Begriff jetzt überhaupt mal wieder beschäftigt, weil ich sagen muss: Mir ist aufgefallen, dass ich total wenig mit diesem Begriff zu tun habe. Ich glaube, der einzige Bereich, in dem dieser Begriff also in der Form verwendet wird, ist in der Antragsstellung, weil man das Gefühl hat, man muss jetzt noch gute Adjektive finden, um die Förder:innen zu überzeugen, dass dieses Projekt eben Finanzierung benötigt. Und dann verwendet man das Wort innovativ. Wenn ich aber länger darüber nachdenke und mich frage: Was verstehe ich eigentlich unter Innovation?, sehe ich da natürlich absolute Zusammenhänge mit meiner Arbeit. Aber dieser Begriff an sich ja hat bei mir erst mal keine starken Assoziationen zu meiner beruflichen Praxis ausgelöst, was ich eine sehr spannende Erkenntnis fand. 00:07:51:20 - 00:08:09:06 Eva Hüster Ist es eher, weil das für dich so selbstverständlich ist, dass man Neues schafft? Oder würdest du umgekehrt sagen, es ist einfach nichts, was vordergründig wichtig ist, sondern es gibt andere Themen? Also es gibt ja nicht nur Innovation. 00:08:09:06 - 00:09:37:09 Vera Heimisch Ich glaube eher, dass ich mich in dem Feld der postkolonialen Theorie und der Dekolonisierung ja erst mal ganz stark mit dem Blick zurück beschäftige. Also erst mal: Was bedeutet eigentlich die Vergangenheit für die Gegenwart und auch die Zukunft? Und deswegen ist es für mich, glaube ich, eher ein Punkt... ich verstehe es glaube ich eher als die Suche nach der Frage: Wie können wir was Neues auch schaffen oder Altes dekonstruieren und verändern, kritisch hinterfragen, um eben die Zukunft in Kulturinstitutionen anders zu gestalten? Aber dieser Begriff Innovation kommt da tatsächlich einfach nicht vor. Und das finde ich ganz spannend. Ich denke mir auch, es geht mir nicht immer darum, automatisch was Neues oder Innovatives zu produzieren, wenn ich jetzt an berufliche Projekte denke, sondern eben auch erst mal ganz stark zu analysieren: Was sind vielleicht bestehende Strukturen? Möchten wir die vielleicht in dem Fall nicht reproduzieren? Wie kann man überhaupt Strukturen auch durchbrechen? Und was sind Arbeitsweisen und künstlerische Formen, die eben nicht so eine koloniale Kontinuität, wenn man jetzt in dem Bereich bleibt, eben fortsetzen? Und deswegen, wie gesagt, geht es, glaube ich, auch viel um diesen Blick in die Vergangenheit, um eben dann was Neues überhaupt schaffen zu können. 00:09:38:19 - 00:10:23:15 Joyce Diedrich Glaubst du denn - weil: Das hätte ich jetzt gedacht... oder als ich Texte von dir gelesen habe über die Projekte, die du betreut hast... Da hatte ich schon den Gedanken, dass das innovative Methoden sind, die ihr da verwendet, um quasi... Also alleine schon der Begriff Intervention und so. Also dass quasi da Prozesse, wie du gerade sagst, aufgebrochen werden und so. Würdest du dem dann vielleicht zustimmen? Also ist da Innovation zu finden sozusagen? Oder ist es quasi das... Das hatten wir auch schon mal als Antwort in anderen Podcastfolgen: Innovation ist einfach Teil des Prozesses. Wir machen immer wieder neue... Also es gibt immer wieder neue Elemente, die eingebaut werden oder entwickelt werden. Was würdest du dazu sagen? 00:10:24:15 - 00:11:03:12 Vera Heimisch Das kann man sicherlich so bezeichnen. Also es ist einfach ein wahnsinniger Prozess, in dem man sich da befindet, eben zu überlegen: Wie können Arbeitsweisen sein? Und auch künstlerische Formen, Ausdrucksformen sein? Wie kann man kollaborieren?, ist ja zum Beispiel auch ein ganz wichtiges Thema mit unterschiedlichen PartnerInnen und Projekten. Und natürlich, das könnte man als innovativ bezeichnen. Ich glaube, es ist einfach wirklich eine Terminologie, die so in meiner Praxis nicht wirklich präsent ist. Aber vielleicht wird sie das ja in Zukunft sein. 00:11:03:12 - 00:11:19:10 Eva Hüster Und wenn man das mal also nicht richtig umdreht, aber so ein bisschen andersrum betrachtet, also egal, wie sie hergestellt werden, aber die Projekte, die du betreut hast: Inwiefern können die denn Neues in Kultureinrichtungen bringen? 00:11:19:10 - 00:13:48:15 Vera Heimisch Also ich glaube, ein ganz wichtiger Punkt bei dieser Projektarbeit ist, dass es eben keine vorgefertigten Schablonen gibt. Das ist auch etwas, was ich mir teilweise natürlich wünschen würde, aber wirklich alles, immer sehr individuelle Prozesse sind. Also wie arbeitet man an Themen in Institutionen mit unterschiedlichen Menschen zusammen über Themen, die ja auch von den Personen sehr unterschiedlich wahrgenommen werden? Also wenn es um Kolonialgeschichte geht, hängt das natürlich wahnsinnig von der Perspektive ab. Und, genau, Ziel meiner Projekte ist ja auch unter anderen ebenso dekoloniale Strategien zu entwickeln und dann auch anwenden zu können in diesen Projekten. Was tatsächlich nicht so einfach ist, weil das auch sehr viel von Scheitern und von Irritation geprägt ist diese Projektarbeit, weil Institutionen einfach großteils sehr, sehr feste Strukturen haben, die man nicht so leicht verändern kann. Aber allein schon diese Irritation oder dieses vermeintliche Scheitern ist ja auf jeden Fall dann schon mal ein Schritt weiter. Und diese Auseinandersetzung und das Aushandeln von diesen Fragen ist meiner Meinung nach eben ein wahnsinnig wichtiger Schritt. Das macht es aber natürlich nicht einfach und ist teilweise auch sehr frustrierend und hängt dann auch beispielsweise mit der Problematik von kurzfristigen Förderungen ab. Also wie kann man denn langfristig neue Strukturen entwickeln, etablieren, wenn ja teilweise das Budget wahnsinnig knapp ist, nur kurzzeitig dann interveniert werden kann? Wie sieht denn da die Zukunft aus von Kulturinstitutionen, aber auch in der freien Szene? Also ich habe ja auch mit freien Ensembles gearbeitet, die genau in diesem Prozess waren. Und da ist es natürlich finanziell noch prekärer. Und die Frage ist wirklich: Wie kann man hier an sich arbeiten und ja zukünftig Projekte denken, die tatsächlich dekolonial sind? Also es ist auf jeden Fall ein langer Weg und ich bin da auch absolut im Lernprozess. Ja wie gesagt, ich wünschte manchmal, es wäre irgendwie einfacher, aber jedes Projekt ist wirklich immer wieder ganz neu und mit ganz vielen Erkenntnissen. 00:13:49:02 - 00:13:57:09 Eva Hüster Inwiefern kann man denn in deine ganze Arbeit das Magazin Interventionen einordnen? 00:13:57:09 - 00:15:59:24 Vera Heimisch Das Magazin ist entstanden als Masterabschlussarbeit, weil ich tatsächlich schon während des Studiums immer wieder Probleme hatte mit dieser akademischen Form. Also ich habe auch immer gehadert tatsächlich mit diesem System Uni und hatte mich ja recht spät für den Master entschieden mit Ende 20 und habe mir gedacht: Okay, ich möchte diese Zeit irgendwie nutzen, um in der Zeit auch Dinge zu produzieren, von denen ich irgendwie auch lernen kann und in Austausch kommen kann mit Menschen. Und habe mich dann eben entschieden, ein Magazin zu gestalten als Abschlussprojekt in Kooperation mit der Heinrich-Böll-Stiftung, wo ich eben eine dekoloniale Strategie genauer beleuchten wollte, und zwar die Intervention. Und da war es mir eben wichtig, die Perspektive von Künstler:innen, Aktivist:innen, Wissenschaftler:innen eben mit einzubeziehen und deren Umgang zu untersuchen. Also wie gehen einzelne Personen mit kolonialen Strukturen im Kulturbetrieb um? Und dieses Magazin versammelt jetzt eben ganz unterschiedliche Beiträge. Das sind Essays, Interviews, aber auch Fotografien, Poesie. Und versammelt eben ganz unterschiedliche Ansätze, wie man intervenieren kann. Und für mich war das sehr, sehr bereichernd tatsächlich, in Austausch zu kommen mit den ganz unterschiedlichen Positionen und hat auch sehr viele Fragestellungen für mich aufgeworfen, was ich sehr schön fand. Von daher, das Magazin begleitet mich auch immer noch in der Verbindung mit diesen Menschen, die ich kennengelernt habe mit den Frage. Und natürlich - es ist jetzt zwei Jahre her, dass das Magazin veröffentlicht wurde - entwickelt sich daraus auch viel weiter. Also Gedankengänge. Und genau von daher sehr bereichernd auf jeden Fall. 00:15:59:24 - 00:16:04:20 Eva Hüster Kann man auch wirklich nur zur Lektüre empfehlen. Also wir verlinken das natürlich auch. 00:16:04:20 - 00:16:05:18 Vera Heimisch Ja, vielen Dank. 00:16:05:22 - 00:16:18:01 Joyce Diedrich Kann man da auf eine Fortsetzung hoffen? Also meinst du, es wird da noch eine weitere Auseinandersetzung damit geben? Oder vielleicht ein Zurückkommen zu den selben Leuten? Hast du da irgendwie so was geplant? 00:16:18:20 - 00:17:22:14 Vera Heimisch Also zurückkommen zu den Leuten, das passiert schon. Tatsächlich jetzt in der Planung meiner Lehre merke ich, dass ich sehr gerne wieder die Arbeiten gewisser Künstler:innen mit einbeziehen möchte und den Studierenden auch diese Arbeiten zeigen werde. Es wird kein zweites Magazin geben. Das war einfach ein extrem zeitintensives Projekt. Aber natürlich wird es in anderer Form fortgesetzt, also in weiteren Projekten. Und es wäre natürlich sehr schön, wenn eine Zusammenarbeit mit den Künstler:innen und WissenschaftlerInnen in irgendeiner Form auch wieder stattfindet. Aber ich habe sowieso den Eindruck, dass der Kreis an Menschen, die sich eben mit postkolonialer Theorie, Dekolonisierung im Kulturbereich beschäftigen, der ist nicht überschaubar, also da tut sich natürlich sehr viel und viele Menschen machen tolle Sachen, aber man begegnet sich sowieso immer wieder. Und das finde ich auch sehr schön, dass man sich auch begleitet in diesem gemeinsamen Prozess. 00:17:23:01 - 00:17:32:04 Joyce Diedrich Magst du was erzählen zu aktuellen Projekten, die du neben dem KMM gerade betreust oder arbeitest oder entwickelst? 00:17:33:11 - 00:18:32:01 Vera Heimisch Da kann ich im Moment tatsächlich gar nicht so viel Spannendes erzählen, weil ich mit dem Einstieg im KMM entschieden habe, erst mal alle freiberuflichen Projekte zu pausieren. Einerseits, weil ich mich tatsächlich inhaltlich erst mal auf diesen ganz neuen Betrieb einstellen wollte, weil, wie gesagt... war das ja das erste Mal für mich, jetzt an der Uni als wissenschaftliche Mitarbeiterin zu arbeiten. Und zum anderen hatte ich jetzt sehr viele Jahre wahnsinnig viele Projekte parallel laufen als freiberufliche Kulturwissenschaftlerin und Produktionsleiterin und dachte mir, es wäre jetzt sehr schön, dieses Jahr nur für eine Arbeitgeberin zu arbeiten. Genau. Ich habe geplant, ab Januar tatsächlich wieder selbständige Projekte aufzunehmen. Aber im Moment genau fokussiere ich mich sehr aufs KMM und das tut auch wahnsinnig gut, muss ich sagen. 00:18:32:01 - 00:18:53:04 Joyce Diedrich Toll. Das funktioniert bei mir immer nur so halb. Eva und ich können da, glaube ich, ein Lied von singen, dass wir uns gerne vornehmen, uns auf eine Sache zu fokussieren. Und dann kommen fünf andere Projekte und Anfragen und dann werden die auch nebenbei oder abwechselnd abgearbeitet. 00:18:53:22 - 00:18:57:15 Vera Heimisch Ja, ich kann es euch nur empfehlen auf jeden Fall. 00:18:58:02 - 00:19:16:08 Joyce Diedrich Auch wenn du selten den Begriff Innovation aktiv in deinem Berufsalltag verwendest oder gedanklich dabei hast... Gibt es denn trotzdem ein Beispiel, ein gelungenes Innovationsbeispiel aus deinem Berufsleben, das du gerne mit uns teilen würdest? 00:19:17:00 - 00:21:50:10 Vera Heimisch Also ich habe ja schon gesagt, der Begriff der Innovation fällt mir auf jeden Fall schwer in der Anwendung auf meine Projekte. Aber es gibt auf jeden Fall ein Projekt, das mich seit der Projektarbeit sehr begleitet und ich den Eindruck habe, dass es auf jeden Fall ganz zentral ist in dieser Diskussion um Repräsentation, Dekolonisierung und auch den Umgang mit diesen ganzen kolonialen Materialien, die im Museumdepots lagern. Da geht es um die Ausstellung “Zurückgeschaut”, die ist im Museum Treptow in Berlin. Und die thematisiert die erste Kolonialausstellung, die in Berlin 1896 stattgefunden hat. Und ich war da als Teil des Teams zuständig dafür, mit zwei Kolleginnen ein Dossier zu erstellen, in dem wir ganz viel in kolonialen Archivmaterialien recherchiert haben zu den Personen, die damals eben Teil dieser Kolonialausstellung waren, die aus den ehemaligen Kolonien nach Berlin gebracht wurden. Und da ging es ganz stark darum eben: Wie gehen wir damit um mit diesen Materialien? Wie kann man überhaupt Bilder, wie kann man Textmaterial ausstellen? Wie kann man das einem Publikum vermitteln, ohne dadurch wieder zu reproduzieren? Und wie kann man auch auf Leerstellen aufmerksam machen? Also welches Wissen finden wir überhaupt in diesen Archiven? Und welches Wissen fehlt? Und wie gehen wir damit um, wenn wir dieses Dossier erstellen? Und wie wird das dann in der Ausstellung gezeigt? Und ich habe den Eindruck, diese Ausstellung - das ist ja ein ganz kleines Museum in Treptow, wo man auch nicht zufällig irgendwie reinstolpert, sondern ganz bewusst hinfährt, um sich diese Ausstellung anzuschauen - hat es das tatsächlich geschafft, in den letzten Jahren eine ganz große Rolle zu spielen in den Diskussionen eben mit dem Umgang mit solchen Materialien und wie man Dinge sichtbar machen kann. Von daher kann man das auf jeden Fall als innovativ sehen. Also die Art und Weise: Wie werden Dinge gezeigt in dieser Ausstellung, wie werden die verhandelt, wie werden auch Kontexte gegeben?, finde ich auf jeden Fall sehr gelungen und auch unglaublich wichtig. Das Schöne ist, das wurde eben jetzt in die Dauerausstellung integriert und ja wird hoffentlich noch ganz viele Jahre sichtbar sein. Und das finde ich sehr schön. 00:21:50:10 - 00:22:57:10 Eva Hüster Wir sind ja... Also Joyce und ich sind ja quasi angehende Kulturmanagerinnen. Bzw.: Jetzt machen wir den Podcast ja schon eine Weile und fühlen uns, glaube ich, mehr und mehr dem Begriff auch wirklich zugehörig. Aber wir sind das ja nicht in einem idealen Raum, sondern eher überschlagen sich so Krisen und Herausforderungen und nicht zuletzt ja auch ein Angriffskrieg in der Ukraine u. s. w., u. s. w., eine Klimakrise... In dieser sehr komplexen Welt freuen wir uns natürlich über Ratschläge und vielleicht sogar auf eine besondere Art über Ratschläge von jemandem wie dir, die du ja nicht auf 30 Jahre Berufserfahrung zurückblickst, sondern quasi eher noch gleichaltrig bist, aber natürlich uns einen Schritt voraus, mindestens einen. Kannst du uns was mit auf den Weg geben, einen Ratschlag oder eine Erfahrung, die du uns ersparen willst, die du schon gemacht hast? 00:22:57:10 - 00:24:19:21 Vera Heimisch Also ich bin ja auch absolut noch in einem Lernprozess und muss mir auch immer wieder eingestehen, dass ich Ratschläge, die ich vielleicht anderen gebe, selber noch gar nicht so gut einhalten kann. Es fällt mir immer leichter, anderen Leuten Ratschläge zu geben, als sie dann selbst umzusetzen. Und es kam ja vorher auch schon kurz raus. Dieses Akzeptierenlernen, dass es für manche Prozesse keinen festen Fahrplan gibt und dass man sich immer wieder darauf einlassen muss, dass Dinge in jedem Projekt anders laufen, das erfordert auch so eine wahnsinnige Geduld, glaube ich. Und diese Akzeptanz hat mir auf jeden Fall geholfen. Aber es klappt auch immer noch nicht so gut. Manchmal klappt es besser und manchmal schlechter. Aber ich glaube, das ist ein Punkt, den ich in den letzten Jahren lernen konnte, der mir auf jeden Fall hilft, dass es nicht immer irgendwie ein erfolgreiches Projekt ist, nur wenn am Ende irgendwie 1000 BesucherInnen da waren und die Presse positiv berichtet, sondern dass da ganz, ganz viele Schritte dahinter stecken und genau man eigentlich nie wirklich weiß, was man nachhaltig davon dann mitnehmen wird von dem Projekt. Oft sind das dann ganz andere Dinge als die, die man im Vorfeld erwarten würde. 00:24:22:02 - 00:24:23:15 Eva Hüster Danke. 00:24:23:15 - 00:24:24:19 Joyce Diedrich Vielen Dank. 00:24:24:19 - 00:24:27:03 Vera Heimisch Sehr gerne. 00:24:27:17 - 00:24:30:09 Musik [Musik] Digitale Stimme: "Kulturmanagement innovativ"